Black Patti auf Burg Stolpen

Black Patti auf Burg Stolpen

ein Rückblick aus Rolands Sonntagskolumne

Die Kälte zieht durch Mark und Knochen, jedenfalls war das gestern auf der Burg Stolpen der Fall. Man musste schon ein dickes Fell haben, um die 5-minütige Zigarettenlänge oder den Gang zur Toilette zu überstehen. Drinnen verbreitete die Heizungsanlage des Kornhauses und die Musik des Duos Black Patti mollige Wärme. Zum Glück blieb der Schneefall aus. Es war imposant, die Burg des Nachts zu erleben. Aus einem Turm winkte uns hinter beleuchteten Fenstern sogar eine Gräfin zu. Einige nutzten auch die Chance, ihren Heimatort und die Umgegend von der Bug aus zu erleben. Nächtliche Führungen müssen ansonsten beim Burgherrn Uli angemeldet werden.

Nach langer Zeit hatten wir das Duo aus München wieder zu uns eingeladen. Die beiden Handlungsreisenden in Sachen Blues der 20iger bis 30iger Jahre lieben und leben dieses Genre. Sie lassen sich nicht durch anderes davon ablenken. So sind sie im Jahr an die 100 Tage gemeinsam auf Tour, manchmal ergänzt durch einen Bassisten. Zwei Männer unterschiedlichen Alters, die die ursprünglichste Form des Leidens und der Freude der armen weißen und schwarzen Bevölkerung der USA zusammenführte. Sie nahmen uns in Döbeln und Stolpen mit auf die Reise in die Kneipen und Kirchen der Südstaaten der USA, versetzten uns in die Lebenswelt der Menschen in den Appalachen und ließen die Urmelodien der späteren Popwelt erklingen.

„Es ist wie in Bayern“, meinte Peter: „Abends wird gesündigt und früh wird um Vergebung gebeten.“ Vielleicht verstehen es die beiden Münchner deshalb so gut, uns diese Spielarten des Blues, die nun schon 100 Jahre zurückliegen, nahe zu bringen. „Folge dem Gesang, dann kannst du den Blues spielen, das Bluesschema ist eine Erfindung der Musiker, die gut zusammenspielen wollten “, solche und ähnliche Aussagen waren an beiden Abenden öfter zu hören – eine Mischung aus Entertainment und Erweckung. Am stärksten sind die beiden, wenn sie ihre Balladen mit der schwermütigen Lyrik an uns vorbeiziehen lassen. Dabei verlieren sie nie den groove aus den Augen und Fingern. Dann steigen sie herab, die Seelen der alten schwarzen Männer, die immer noch ihre Plantagenarbeit, die Versklavung, die Ausbeutung, den vielen Alkohol und die verlorenen Lieben verarbeiten. Das Publikum spürt dann ihre Nähe und lässt sich mitnehmen in die dunkle amerikanische Geschichte.

von Roland Taffel
aus Rolands Sonntags-Kolumne

 

 

Zurück