Musik, direkt ans Ohr genagelt

Musik, direkt ans Ohr genagelt

Das 15. Rock im Park Leuben überzeugt mit Geradlinigkeit und einer charmanten Ausnahme

Wie Dorothys Flug durch den Wirbelsturm ins Land des Zauberers von Oz, so ist die lange Anfahrt zum "15. Rock im Park Leuben" der Weg in ein fremdes Land, der Übergang in eine andere Welt. Es bleibt Zeit genug, um sich auf dieser Fahrt vorzubereiten auf das, was kommt. Man kann sich gleichsam reinwaschen von Alltäglichem, von Sorgen und Stress, kann sich einpendeln auf den Rhythmus von Rock'n Roll. Das ist ein Vorzug, ein wichtiges Wesensmerkmal vom "Rock im Park Leuben" (RiPL). Das ist aber auch gleichzeitig sein Nachteil: es liegt aus diesem Grund verdammt weit ab vom Schuss.

Und das bekommt das Festival in diesem Jahr zu spüren. Knapp zweihundert Gäste nur, welche 2013 die besondere Atmosphäre des kleinen Festivals im Amphitheater des Parks von Leuben genießen wollen. Das ist wenig, bedenkt man, dass vor etwa vier Jahren noch die vierfache Anzahl an Gästen das Festival besuchten.

Woran liegt es, dass viele Gäste wegblieben? Übersättigung? Konkurrenz? "Geburtenknick"? Exodus? Es ist eine Mischung aus vielen Komponenten. Nur eines ist sicher: an der mangelnden Qualität des gebotenen Programms lag es mit Sicherheit nicht.

Das RiPL war lange nicht so geradlinig und homogen wie in diesem Jahr. Alle Bands haben schnurstracks gerockt und ihre Musik dem Publikum direkt ans Ohr genagelt. Mit einer charmanten Ausnahme: "Seau Volant" aus der Dresdner Neustadt spielten glasklaren Klezmer mit - ebenso charmanten – Akkordeon, Helikon, Fiedel, Klarinette, Tuba, Gitarre, Bass und Schlagzeug. Ach ja und natürlich mit jeder Menge balkanischer Leidenschaft. Hier zeigte das Festival, was es alles kann. Denn trotz cooler Macho-Attitüde des Rock-verwöhnten Publikums wurde auch zu den heißen Balkan-Rhythmen von "Seau Volant" getanzt und der Beifall schwoll im Laufe des Sets stetig an, bis die Band vom Publikum gefeiert die Bühne verließ. Das nennt man wohl: „Aus der Reserve locken."

Ansonsten blieb alles anders. Es wurde gerockt in allen Facetten. „Stoner Rock" ist eine harte, aber erdig-vielseitige Spielart, die Bilder von staubigen Maschinen im Wüstensand á la Mad Max assoziiert und zurzeit schwer angesagt. Mit dieser Spielart brillierten „Lasse Reinstroem" und „Lunar Farmers", wenn auch auf ganz unterschiedliche Weisen, einfallsreich und vielseitig. Aber auch für den guten, alten „Grunge", Musik nach dem Vorbild von Kurt Cobain und Nirvana ist wieder Platz im fraktalen Musikgeschmack junger Menschen. „DeadEndStreet" haben sich mit Leib und Seele dieser Musik verschrieben und bewiesen eindrucksvoll, wie gut sie diese mittlerweile beherrschen.

„Nevamind" aus Leipzig und „I come from the sun" kombinierten schließlich sogar poppige Klänge mit den brachialen Rock-Rhythmen und siehe da: es funktionierte hervorragend, ohne je anbiedernd zu klingen oder zum Mainstream zu werden.

Alle sechs Bands des 15. Rock im Park Leuben trafen sich zumindest einmal irgendwo im Zeichen der Gitarre. Die Gitarre als DAS Ausdrucksmittel für Sehnsüchte, Wünsche, Hoffnungen, Wut, Enttäuschung, Verzweiflung, Lebenslust und Lebensfrust ist am vergangenen Wochenende in Leuben gebührend gefeiert worden und scheint auch im 21. Jahrhundert nichts von ihrer Magie eingebüßt zu haben. Bleibt zu hoffen, dass der Besucherrückgang für eins von Mittelsachsens symphatischsten Festivals nur eine kurze Durststrecke ist und nicht das Symptom eines allgemeinen, bedrohlichen Trends.

Rock im Park Leuben – „Roggen find ich gut!"

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